Vita

Götz Naleppa

1943 in Ostpreußen geboren; nach den Kriegswirren in Berlin und dann in Stuttgart aufgewachsen. Abitur 1963. Studium der Theaterwissenschaften, Germanistik, Kunstgeschichte in Berlin und Madrid, 1970 Promotion zum Dr. phil. an der Freien Universität, Berlin. Dissertation „Frühformen des religiösen Theaters in Spanien; ihre Entwicklung und Überreste in der Gegenwart (Die ‚Loa’ von La Alberca)“.

5 Jahre Regieassistenz am Schiller-Theater, Berlin, während der Intendanz von Boleslaw Barlog.

Freie Arbeit als Regisseur für Theater und Hörspiel, als Autor und Übersetzer (Spanisch, Englisch, Französisch).

Ab 1970 Regisseur und Dramaturg in der Hörspielabteilung von RIAS-Berlin. 1977 Chefdramaturg der Hörspielabteilung des Südwestfunks, Baden-Baden. 1978 Rückkehr zum RIAS-Berlin.

In den 70er Jahren war Naleppa maßgeblich an der Entwicklung des Originaltonhörspiels und des Kunstkopfhörspiels beteiligt. Durch die Zusammenarbeit mit George Tabori zunehmend am Schauspieler orientierte Regiearbeit. In den 80er Jahren Hinwendung zu musikalischen und experimentellen Hörspielformen, sowie der Klangkomposition.

Erste Klangkompositionen seit 1983, zuerst mit dem Berliner Soundprojekt „Transit Communication“, seit den 1990er Jahren eigene Soloarbeiten im Bereich Klangkomposition.

Lehraufträge an der TU und Hochschule der Künste, Berlin; Lehrtätigkeit und Regiearbeit in Lateinamerika.

Von 1994 bis 1996 Aufbau der Hörspielabteilungen von Deutschlandradio (Köln/Berlin) als Hörspielleiter beider Funkhäuser, Gründung der wöchentlichen Sendung „Klangkunst“.

Ab 1996 Regisseur und Dramaturg für Deutschlandradio Berlin / Deutschlandradio Kultur (zuständiger Redakteur für Klangkunst).

Götz Naleppa verließ Ende 2008 das Deutschlandradio. Freiberufliche Arbeit als Klangkomponist und Regisseur und Medienkünstler.

Götz Naleppa war mehrfach Jurypräsident des „Prix Phonurgia Nova“ und „Prix Pierre Schaeffer“ und ist ständiges Mitglied des Advisary Board der New York Festivals.

Zahlreiche Preise für Hörspielinszenierungen und Klangkompositionen (vielfach Hörspiel des Monats, Prix Europa, Prix Marulic, Prix Italia 2009, „Gold Award“ des New York Festivals 2008, 2014 und 2018 u.a.).

„Radiomenschen“

aus dem Programmheft 5/2003 von Deutschlandradio:

Radio? Es war mir nicht in die Wiege gelegt, anfangs sah es eher nach einer Theaterlaufbahn aus: mit Sechzehn Gründung eines Schultheaters in Stuttgart, Komparserie an der Oper, dann Studententheater, Studium der Theaterwissenschaften, 5 Jahre lang Regieassistent von Boleslaw Barlog am Schiller/Schlosspark-Theater Berlin, in den Proben von Beckett, Kortner, Schweikart gesessen, Theaterhandwerk von der Pieke auf gelernt, neben Studium und Promotion.

Dann bei Weggang meines Lehrers Barlog einer der vielen Brüche in meinem Leben: weg vom Theater und hin zum völlig unbekannten Medium Hörspiel. Eine Krankheitsvertretung eines Regisseurs beim RIAS machte es möglich. Auf welchen Knopf drückt man, damit die Schauspieler hinter der Scheibe mich hören? Unmerklich verführt mich das neue Medium weg vom Optischen, hin zum Hören, zum Hin-Hören. Dringt das Hören nicht in Schichten des Menschen, die dem Optischen verschlossen sind?

Prägend die Begegnung mit einem neuen großen Lehrer: George Tabori. Es waren die ‚wilden 70er Jahre‘ im RIAS-Hörspiel, Experimente, Collagen, Originalton, Kunstkopf, Gruppenarbeit – ein Spiegel des Aufruhrs von 68. Und Tabori sprach von Hin-Hören, Respekt vor dem Schauspieler, Neugierde und Lebendigkeit. Vielleicht wurde ich erst da zum Regisseur, so wie ich den Beruf heute verstehe. Ermöglicht hat aber diese produktive Lehrzeit vor allem die Toleranz und Menschlichkeit des Hörspielchefs Gerhard Niezoldi – ein Unangepasster mit Gespür für Talent und Qualität.

Als er ging, folgten den Lehrjahren die Wanderjahre, Gastregie an vielen Sendern der ARD. Und dann fiel die Mauer, und bald darauf gab es den RIAS nicht mehr. Wieder ein Bruch. Nun hieß es Verantwortung übernehmen, nicht nur für ein einzelnes Hörspielmanuskript, eine Hörspielinszenierung, sondern für eine Hörspielabteilung, zuerst beim Deutschlandfunk in Köln, dann die Gemeinschaftsredaktion Hörspiel in Berlin und Köln. Das bedeutete Verzicht auf eigene künstlerische Arbeit zugunsten des ‚Gesamtkunstwerks‘ Hörspielprogramm, Aufbau einer neuen Abteilung aus Ost und West, in der Jeder von Jedem lernen konnte, spannend und aufreibend. Als der Aufbau abgeschlossen war, die Strukturen geschaffen waren – wieder ein Bruch. Verzicht auf die Leitung der Hörspielabteilung, Rückkehr zur künstlerischen Arbeit und vor allem Konzentration auf eine heimliche Liebe: die Klangkunst, die musikalische Seite des Hörspiels.

Die Musik hat mich fast unmerklich ein Berufsleben lang begleitet, von der Komparserie an der Stuttgarter Oper, als ich für Wolfgang Windgassen im „Rheingold“ Goldbarren auf die Bühne häufte, über Nächte mit Pink Floyd und dem Weißen Album der Beatles in den 60er Jahren – bis zur Gründung der experimentellen Hörspielformation „Transit Communication“ mit Jazzmusikern Anfang der 80er Jahre. Erst spät merkte ich, wie sehr meine heimliche Liebe Musik in jeder meiner Inszenierungen mitspielte. Nun also die Sendung „Klangkunst“ von Deutschlandradio Kultur, wöchentliche 55 Minuten mitternächtlicher Klangkompositionen, grenzenlos, unerhört. Text – Klang – Musik? Wieder der vertraute Platz zwischen den Stühlen. Unbequem und zum Einschlafen ungeeignet. Was forderte Tabori immer bei Proben: ‚Bleibt neugierig!‘ Diese Neugierde hat beim Älterwerden eher zugenommen. Wie auch der Wunsch, das weiter zu geben, was ich gelernt habe, an Universitäten und in Workshops, um die nächste Generation zu fördern – vielleicht als Dank an meine großen Lehrer. Aus diesem Gedanken entstand meine Lieblingssendung, die Newcomer-Werkstatt, die nicht den Meistern der Klangkunst gewidmet ist, sondern den Unfertigen, Begabten, Suchenden, den jungen Krachmachern und Unruhestiftern. Nennt man Unruhe nicht das Teilchen, das die Uhr in Gang hält?

(Götz Naleppa)

„Zauberei in tieferen Schichten“

Der Tagesspiegel vom 20.12.2013

„Götz Naleppa ist einer der bekanntesten Hörspielmacher des Landes. Heiligabend wird er 70 Jahre alt. Eine Vorfeier in Friedenau…“


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